Platons Welt der Ideen

Mit seiner Ideenlehre schuf
Platon die erste einheitliche
Erkenntnistheorie.
Demnach ist die sinnlich
erfahrbare Welt ständig
Veränderungen und Wand-
lungen unterlegen. In ihr lässt
sich das zeitlose und unwandel-
bar Wahre folglich nicht
erkennen. Platon nahm daher
an, dass es sich bei der
Erfahrungswelt lediglich um das
unvollkommene Abbild der
transzendenten, d.h.
übersinnlichen, übernatürlichen
Welt der Ideen handelt. Eine
Idee (gr. idéa = Erscheinung,
Form) ist das allem Sichtbaren
und sinnlich Erfahbaren
zugrunde liegende, unveränder-
liche, wahre und ewige Urbild.
Diese Ideenwelt ist hierarschisch
gegliedert. An höchster Stelle
steht die Idee des Guten.

Die Idee des Guten bei Platon ist sowohl Ursprung
aller Existenz als auch Grund für die Erkennbar-
keit des Seins. Durch sie kann überhaupt etwas als
das, was es seinem Wesen nach ist, erkannt werden.
Wenn wir eine Handlung als tugendhaft,eine Gesin-
nung als fromm, einen Charakter als gut beurteilen,
so sind wir zu der Feststellung nur fähig, weil die
Idee des an sich Tugendhaften, Frommen, Guten un-
serem Denken zugrunde gelegt ist. Der Mensch ist
das Mittlere zwischen den Ideen als den Urbildern
und den Abbildern, denn seine Seele trägt die Züge
beider Welten in sich und kann durch die Teilhabe
am Vernünftigen zu den Ideen gelangen.
In Gleichnissen versucht Platon, den Weg zur Idee des
Guten zu erläutern. So macht das Sonnengleichnis
deutlich, wie überhaupt die Urbilder erkannt werden
können; seine Antwort: durch die Idee des Guten.

De brevitate vitae

Nach Seneca ist das Leben nicht kurz, schlechter Gebrauch macht es dazu. Die Geschäftigen verlieren ihr Leben auf der Jagd nach der Befriedigung von sinnlichen Begierden oder in Gier und Ehrgeiz. Der Träge nimmt in seiner Tatenlosigkeit den Tod vorweg. Wer in Muße philosophiert, lebt. Dieses richtige Leben ist, was auch immer seine Zeitspanne sein mag, lang genug.

Zum Beweis führt Seneca in kräftiger Sprache viele Beispiele aus seiner Zeit an, wie Menschen ihr Leben verschwenden, wozu der Verfall der Sitten reichhaltiges Material bot. Dem stellt er das erfüllte Leben von Weisen als anstrebenswert gegenüber.

Schon seinen Zeitgenossen galten Senecas Leben und Lehre als widersprüchlich. In den ersten Jahren der Regierungszeit Neros (54–62 n. Chr.) leitete Seneca als einer der reichsten und mächtigsten Männer zusammen mit Sextus Afranius Burrus die Politik des römischen Weltreichs. Keine Muße, sondern geschäftiges Leben in extremem Wohlstand. Die Verhältnisse Senecas veranlassten Theodor Mommsen zu der Bemerkung: „der vor allem sich selber predigte“. Seneca äußert sich wiederholt in seinen Schriften zu diesem Widerspruch, er sieht sich selbst als jemand, der nach Weisheit strebt und von diesem Ziel entfernt ist. „Was uns noch zu tun bleibt, ist mehr als was wir bereits hinter uns haben; aber es ist schon ein großer Fortschritt, den Willen zum Fortschritt zu haben. Dieses Bewußtseins darf ich mich rühmen: ich will und will mit ganzer Seele.“ „Wer [sage ich] so zu handeln sich vornimmt, entschlossen ist und den Versuch dazu macht, nimmt seinen Weg zu den Göttern, und wahrlich, wenn er auch nicht darauf bleibt, schlägt doch rühmliches Wagniß ihm fehl.“ Das Auseinanderklaffen von Lehre und Leben Senecas ändert nichts an der Richtigkeit seiner Mahnungen. Es beweist nur, wie schwer es ist, gut zu leben.