Anastasius Grün Wenn ich Liebchen heiß umfange, Aug‘ und Mund nur Liebe spricht, Tönt des Herzens Ruf so bange, „Täuscht ein eitler Traum dich nicht?“ – |
Kategorie: Literatur
Faust
Werd ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn!
J. W. v. Goethe
Björnstjerne Björnson
Ehre dem ewigen Frühling im Leben,
Der alles durchweht!
Kleinstem wird Auferstehung gegeben,
Die Form nur vergeht.
Geschlecht auf Geschlecht
Müht sich empor zu schreiten;
Art bringt Art hervor
In unendlichen Zeiten;
Welten gehn unter und steigen empor.
Tauch‘ in die Wonnen des Lebens, du Blüte
Im Frühlingsrain;
Genieße, preisend des Ewigen Güte,
Dein kurzes Sein.
Füg‘ auch du
Schaffend dein Scherflein hinzu;
Klein und zag,
Atme, soviel deine Kraft vermag,
Einen Zug in den ewigen Tag!
Entdeckung an einer jungen Frau
Des Morgens nüchterner Abschied, eine Frau
Kühl zwischen Tür und Angel, kühl besehn.
Da sah ich: eine Strähn in ihrem Haar war grau
Ich konnt mich nicht entschließen mehr zu gehn.
Stumm nahm ich ihre Brust, und als sie fragte
Warum ich, Nachtgast, nach Verlauf der Nacht
Nicht gehen wolle, denn so war’s gedacht
Sah ich sie unumwunden an und sagte:
Ist’s nur noch eine Nacht, will ich noch bleiben
Doch nütze deine Zeit; das ist das Schlimme
Daß du so zwischen Tür und Angel stehst
Und laß uns die Gespräche rascher treiben
Denn wir vergaßen ganz, daß du vergehst.
Und es verschlug Begierde mir die Stimme.
Bertold Brecht (1925/26)
Alice
Die Angst
Leviathan
Leviathan or the Matter, Forme and Power of a Commonwealth Ecclesiasticall and Civil (Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und staatlichen Gemeinwesens) ist der Titel einer staatstheoretischen Schrift des Engländers Thomas Hobbes aus dem Jahr 1651. Sie ist eines der bedeutendsten Werke der westlichen politischen Philosophie und eine der theoretischen Grundlagen neuzeitlicher Politikwissenschaft.
L. bezeichnet in der politischen Theorie (Politische Theorien) von T. Hobbes (1588–1679) den allmächtigen Staat und Souverän, der in der Lage ist über ein bestimmtes Territorium, Städte und Dörfer und die dortige Bevölkerung zu herrschen. Der L. ist notwendig, um den chaotischen Urzustand von Gesellschaften, nämlich den Krieg »aller gegen alle« zu überwinden und dauerhaft Frieden und Ordnung zu schaffen. Grundlage hierfür bildet ein Gesellschaftsvertrag, in dem alle Mitglieder einer Gesellschaft auf ihre angestammten Freiheiten und Rechte verzichten und dem Staat/Souverän übertragen, der dadurch zum allmächtigen Staat bzw. dem L. wird, einem »sterblichen Gott« der die Menschen vor sich selbst schützen und gegenüber anderen Völkern verteidigen kann. Hobbes entwickelt mit dieser Metapher eine rationale, vertragsrechtliche Konzeption des Staates.
Niemals gehe ich
im Mondlichte spazieren, niemals, dass mir nicht der
Gedanke an meine Verstorbenen begegnete, dass nicht
das Gefühl von Tod, von Zukunft über mich käme. Wir
werden sein! fuhr sie mit der Stimme des herrlichsten
Gefühls fort; aber, Werther, sollen wir uns wiederfin-
den? wiedererkennen? Was ahnen sie? was sagen sie?
Die leiden des jungen Werther
J.W.v. Goethe
De brevitate vitae
Nach Seneca ist das Leben nicht kurz, schlechter Gebrauch macht es dazu. Die Geschäftigen verlieren ihr Leben auf der Jagd nach der Befriedigung von sinnlichen Begierden oder in Gier und Ehrgeiz. Der Träge nimmt in seiner Tatenlosigkeit den Tod vorweg. Wer in Muße philosophiert, lebt. Dieses richtige Leben ist, was auch immer seine Zeitspanne sein mag, lang genug.
Zum Beweis führt Seneca in kräftiger Sprache viele Beispiele aus seiner Zeit an, wie Menschen ihr Leben verschwenden, wozu der Verfall der Sitten reichhaltiges Material bot. Dem stellt er das erfüllte Leben von Weisen als anstrebenswert gegenüber.
Schon seinen Zeitgenossen galten Senecas Leben und Lehre als widersprüchlich. In den ersten Jahren der Regierungszeit Neros (54–62 n. Chr.) leitete Seneca als einer der reichsten und mächtigsten Männer zusammen mit Sextus Afranius Burrus die Politik des römischen Weltreichs. Keine Muße, sondern geschäftiges Leben in extremem Wohlstand. Die Verhältnisse Senecas veranlassten Theodor Mommsen zu der Bemerkung: „der vor allem sich selber predigte“. Seneca äußert sich wiederholt in seinen Schriften zu diesem Widerspruch, er sieht sich selbst als jemand, der nach Weisheit strebt und von diesem Ziel entfernt ist. „Was uns noch zu tun bleibt, ist mehr als was wir bereits hinter uns haben; aber es ist schon ein großer Fortschritt, den Willen zum Fortschritt zu haben. Dieses Bewußtseins darf ich mich rühmen: ich will und will mit ganzer Seele.“ „Wer [sage ich] so zu handeln sich vornimmt, entschlossen ist und den Versuch dazu macht, nimmt seinen Weg zu den Göttern, und wahrlich, wenn er auch nicht darauf bleibt, schlägt doch rühmliches Wagniß ihm fehl.“ Das Auseinanderklaffen von Lehre und Leben Senecas ändert nichts an der Richtigkeit seiner Mahnungen. Es beweist nur, wie schwer es ist, gut zu leben.
Im Winter
Der Acker leuchtet weiß und kalt.
Der Himmel ist einsam und ungeheuer.
Dohlen kreisen über dem Weiher
Und Jäger steigen nieder vom Wald.
Ein Schweigen in schwarzen Wipfeln wohnt.
Ein Feuerschein huscht aus den Hütten.
Bisweilen schellt sehr fern ein Schlitten
Und langsam steigt der graue Mond.
Ein Wild verblutet sanft am Rain
Und Raben plätschern in blutigen Gossen.
Das Rohr bebt gelb und aufgeschossen.
Frost, Rauch, ein Schritt im leeren Hain.
Georg Trakl, 1913